Beschenkte Nikoläuse

Bandoneón und Poesie beim Lehrerkonzert der Jugendmusikschule Südlicher Breisgau

STAUFEN. Es sei dies kein gewöhnliches Lehrerkonzert, begrüßte Jugendmusikschulleiter Joachim Baar das Publikum, denn im Mittelpunkt stehe an diesem Abend das Bandoneón, gespielt von Almut Wellmann an der Seite des Sprechers Andreas Wirth, der im Wechsel mit der Musik erlesene Texte vortrug. Der sprichwörtlich warme Ton des Instruments ist der menschlichen Stimme sehr verwandt, heißt es. Und so erschien es nicht so abwegig, advent­liche (bzw. in die Adventszeit passende) Poesie von Bertolt Brecht, Hilde Domin, Ernst Jandl u.v.m. bis hin zu Erich Kästner mit Musik­stücken zu verknüpfen, die vornehmlich doch aus einem ganz anderen Kulturkreis stammen.

Mit einem Präludium von Bach indes eröffnete Almut Wellmann den Abend und erinnerte damit an die herkömmliche Bestimmung des Bandoneóns: Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland erfunden als Kirchenorgelersatz und zirka 50 Jahre später durch Emigranten nach Buenos Aires verbracht, wo es zur Seele des Tangos avancierte. Fast nahtlos ging die Musikerin in ein „Prélude“ von Astor Piazzolla über.

Ähnlich different verfuhr Andreas Wirth in der Auswahl der Texte, die sich jedoch zu wundersamen Analogien fügten, und die er zudem so plastisch vorzutragen verstand, dass das Publikum sofort in ihren Bann gezogen wurde. Darunter vieles, das zum Nachdenken anregte; manches, das zur Melancholie verführte, darunter einige wunderbare Haikus; und auch Heiteres, das im Publikum ein dankbares Echo fand.

Dieses schien im dichtgewebten Zusammenspiel der beiden Künstler wie versunken. Etwa wenn der Klang des Bandoneóns wehmütig-forsch den Brief von Rosa Luxemburg an Sonja Liebknecht umgarnte, den diese Weihnachten 1917 aus dem nächtlichen Gefängnis in derart lichten Worten verfasste, als gelte es mit dem Stern in Bethlehem um die Wette zu leuchten. Wie fein Andreas Wirth hier dies sehnsuchtsvolle Diskrepanz der Urheberin in seine Stimme legte, und wie eindringlich Almut Wellmann diese in ihr Spiel zu übertragen verstand.

So war es sicherlich kein Zufall, dass auch „Die Geschichte vom beschenkten Nikolaus“ (Alfons Schweigert) auf dem Programm stand, in der ein großer Nikolaus den kleinen Klaus beschenkt, um von diesem wiederbeschenkt zu werden. Und die deshalb so gut zu dem Duo auf der Bühne passte, indes hinterher beide Künstler betonten, welch Geschenk es für sie bedeute, miteinan­der auftreten und sich gegenseitig zuhören zu dürfen.

(Text und Fotos: Friederike Zimmermann)

Hier geht's zum BZ-Artikel vom 19. Dezember 2019.

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